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(Mal wieder) über das „I“ in BIM… 

Über das „I“ in BIM, also „Information“, wird geschrieben, diskutiert und verhandelt, seit es BIM gibt. Wie viel Information soll es sein? Wer gibt sie vor? Wer nutzt die Informationen? Man hat das Gefühl, bei jedem Projekt von vorne anfangen zu müssen: Leistungsbilder prüfen, Anwendungsfälle definieren und jedes Attribut einzeln abwägen. Und insbesondere die Frage beantworten zu müssen, warum ist das wichtig, wozu dient es und wer hat eigentlich welche Vorteile davon? Das betrifft die Bauherren- und Planerseite gleichzeitig, warum fordere ich die Attribute und wozu muss ich eigentlich all diese Felder in meiner BIM-Software anlegen und ausfüllen?

Abbildung 1: Das „I“ in BIM

Am Anfang eines Projektes versprechen wir uns alle, immer Transparenz zu wollen, offen miteinander zu kommunizieren und Probleme lösungsorientiert und modellbasiert zu bearbeiten. Ehrenwerte Ziele, die man schnell aus den Augen verliert, sobald die erste Attributliste in Form einer „Excel-Tapete“ verteilt wird.
Diesmal möchte ich nicht über Umfang und Zeitraum schreiben, sondern über das „Warum“ und „Wofür“, um damit vielleicht etwas mehr Verständnis schaffen.

Vorweg drei Punkte, auf die ich häufiger verweisen werde: 

I. „Weniger ist mehr“ – Bevor man Informationen in biblischen Umfängen fordert, sollte man abwägen, ob die Information wirklich benötigt wird. Zum Beispiel: Ist das Attribut an jedem bestimmten Bauteil für mich wirklich relevant?

II. Die Struktur, in der Attribute vorliegen, ist entscheidend. Wir packen Informationen in Kategorien, um diese geistig schneller zu erfassen, das kann von Projekt zu Projekt abweichen, muss innerhalb eines Projektes aber gleich sein.

III. Es wird nichts neu erfunden oder mehr gefordert, nur die Datenquellen sind neu.

Abbildung 2: Informationsstrukturen 

Generell hilft es uns sehr, in Schubladen (Kategorien) zu denken – kognitionswissenschaftlich ist das wohl evolutionär bedingt (Lebensmittel: essbar/giftig), soll aber heute nicht mein Thema sein. Für die Bauwerksinformation mache ich auch mal zwei große Schubladen auf, die aus meiner Sicht für das „Warum“ entscheidend sind:

– Planungsrelevante Informationen

– Betriebsrelevante Informationen 

Es kann jedoch vorkommen, dass beide Schubladen nicht wirklich abzugrenzen sind, da Bauteilinformationen sowohl für die Planung als auch für den Betrieb relevant sind. Nach meiner Erfahrung ist dies sogar häufig der Fall, was dann wiederum häufig zu der Annahme führt, dass Informationen immer sowohl für den Betrieb als auch für die Planung relevant sind. Hinweis auf Punkt 1, „Weniger ist mehr“: Hinterfragen, ob die Information für Betrieb und Planung wirklich relevant ist.

Im Idealfall werden die Betreiber frühzeitig in das Projekt eingebunden, dann kann diskutiert werden, wer wann welche Informationen zur Verfügung stellt, aber Datentyp, Einheit, Nomenklatur und Objektzuordnung sind durch die zukünftige CAFM-Software und die bestehenden Betriebsabläufe fest vorgegeben. Häufig ist es jedoch so, dass in frühen Projektphasen noch niemand an den Betrieb denkt. Ein Problem, das eigentlich keines sein müsste. Fachplaner, Ausführende und manchmal auch die Projektsteuerung und das BIM-Management wissen in etwa, welche Informationen im Betrieb relevant sind. Vielleicht sind die Datentypen und die Nomenklatur noch nicht absehbar, aber die Grunddaten können skizziert werden und das ist in den frühen Phasen völlig ausreichend (weniger ist mehr).

Es bleiben noch die planungsrelevanten Informationen und Attribute, meiner Erfahrung nach oft ein viel größeres Diskussionsthema als die betriebsrelevanten Informationen. Auftraggeberseitig legen wir diese fest, um das Planungsteam im Projekt zu unterstützen. Sind die Objekte mit den richtigen Informationen im Umfang der aktuellen Planungsphase versehen, lässt sich die Plausibilität der Planung wunderbar überprüfen. Letztlich geht es bei diesem Ansatz darum, die Planung zu verbessern, Sicherheit zu gewinnen und Projekte erfolgreicher umzusetzen.

Ein kleines Beispiel aus einer Modellierung der LPH 3: Ist die Fluchttür auch als solche im Modell über ein Attribut gekennzeichnet und die Notbeleuchtung ebenfalls als solche deklariert, kann ich mit jeder guten Prüfsoftware abfragen, ob über jeder Fluchttür auch eine entsprechende Kennzeichnung geplant ist.

Abbildung 3: Beispiel Plausibilitätsprüfung von Architektur und Elektroplanung 

Solche logikbasierten Regeln sind die Grundlage für eine Plausibilitätsprüfung und das ist am Ende die entscheidende Frage: Sind die Planungsentscheidungen im Projekt plausibel? Funktioniert es so? Sind alle baurechtlichen, statischen und nutzungsspezifischen Regeln, Standards und Normen erfüllt?  

Also ein kurzer Gegencheck: 

I. Nur die relevanten Attribute für spezifische Plausibilitätsprüfung werden gefordert – Weniger ist mehr 

II. Informationen sind strukturiert, damit diese einfach über logikbasierte Regel geprüft werden können

III. Es werden nur Informationen gefordert, die in der aktuellen Phase auch tatsächlich relevant sind

Aber ist das allen Beteiligten so geläufig? Während ich schreibe, höre ich schon die Gegenargumente:

Seitens der Planer: „Wir haben doch die Türliste, da steht doch drinnen, ob es eine Fluchttür ist oder nicht, jetzt müssen wir alles doppelt führen“.

Seitens des Bauherrn: „Wir wissen nicht, wie wir das prüfen sollen. Und können wir uns auch wirklich auf die Modelle verlassen? Schickt uns doch bitte noch die Excel-Tabelle“.

Nach so vielen Jahren BIM möchte doch keiner diese Argumente (Ausreden) mehr hören.

An die Planer: Werft die alten Excel-Türlisten und Word-Bauteilkataloge endlich über Bord und arbeitet einfach im Modell – offen, transparent, lösungsorientiert (wie wir es uns ja zum Projektbeginn versprochen haben). Es ist nur ein Mehraufwand, wenn es dazu gemacht wird.

An die Bauherren: Von den Auftragnehmern BIM zu fordern und dann selbst nicht mit digitalen Werkzeugen arbeiten zu können, um diese Informationen als Primärquelle zu nutzen, ist nicht zielführend. Informationen ohne Nutzung durch den Fordernden haben keinen Mehrwert.

Bei AEC3 arbeiten wir in vielen unserer Projekte daran, die Plausibilisierung der Planung und Ausführung informationsbasiert in den Modellen nachzuweisen und dies mittels Dashboards nachvollziehbar auszuwerten. Dieser Ansatz trifft auf positives Feedback bei den Projektbeteiligten, denn für die meisten wird so deutlich, welcher Nutzen entsteht und warum wir deswegen zu Beginn diese manchmal auf dem ersten Blick erschreckenden Informationsanforderungen aufsetzten.

Abbildung 4: AEC3 QS-Konzept inkl. Plausibilitätsprüfung seitens des BIM-Managements 

Dank immer fortlaufender Standardisierung, besserer Soft- und Hardware, KI, VR etc. und einem wachsenden Verständnis auf allen Seiten leben wir zunehmend in einem goldenen Zeitalter der Informationen. Diese endlich aktiv für die Plausibilisierung der Planung und Ausführung in Modellen zu nutzen ist nur logisch und sollte unser aller Ziel sein.

Dann haben wir das wahre „I“ in BIM, das „I“, das Planung und Betrieb besser macht und dafür sorgt, dass einzelne Excel-Listen, Textmarker und die unzähligen Aktenordner langsam aus unserem Arbeitsleben verschwinden und letztendlich alle davon profitieren.

Abbildung 5: Entwicklungsstand eines interaktiven Dashboards zur Plausibilitätsprüfung: Logikbasierte Detailregeln, Aktueller Stand von Fehlerhaften und Fehlerfreien Komponenten und Verlaufsdarstellung 

Noch eine kleine Ergänzung, da ich in letzter Zeit öfters gelesen habe, dass das IFC-Format der Vergangenheit angehöre und z.B. USD (Universal Scene Description) die Zukunft sei.
Ohne die Standardisierungen, die uns die Entwicklung des IFC-Formats in den letzten Jahren gebracht hat, ohne Parametrik und Alphanumerik, ohne offene Datenschnittstellen und offene herstellerneutrale Datencontainer, ist eine standardisierte, datengetriebene Plausibilitätsprüfung nicht möglich und viele Vorteile der modellbasierten Arbeit dahin. IFC ist sicherlich nicht perfekt, aber (aktuell) die beste Möglichkeit, die Planung tatsächlich zu verbessern.

Nicht das Verpackungsformat, in dem die Informationen geliefert werden (SPF, XML, USD, etc.) ist entscheidend, sondern die Verständlichkeit der Inhalte.

Eric Wolgast

Management & Beratung

Im Jahr 2014 hat Eric sein Bachelorstudium an der Hochschule Wismar erfolgreich beendet. Es folgten Tätigkeiten in Ingenieurbüros mit unterschiedlichen nationalen und internationale Projekten. BIM Projekterfahrung erlangte er bei Projekten wie dem Terminal 2 des Kuwait International Airports, dem Projekt OneRoof in Genf oder dem Gebäude E im Überseequartier Hamburg. Neben Hochbauprojekten hat er auch die BIM Gesamtkoordination von zwei Geh- und Radwegbrücken übernommen. Bei dem Smart Service Welt II Forschungsprojekt DigitalTWIN war er an der Entwicklung von digitalen Tools und Workflows zur Erhöhung der Wertschöpfung im Bausektor beteiligt. Sein BuildingSMART zertifiziertes BIM-Fachwissen hat Eric in Unternehmensinternen Schulungen und öffentlichen Vorträgen einem breiten Publikum vermittelt.

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